SARS-CoV-2 Infektionen und die damit verbundene Erkrankung COVID-19 stellen derzeit eine große Herausforderung für jeden einzelnen, für das Gesundheitswesen und die gesamte Gesellschaft dar. Schwere Erkrankungen treten in jeder Altersgruppe auf, doch das Risiko im Falle einer Infektion schwer zu erkranken oder gar daran zu versterben, steigt mit zunehmendem Alter deutlich an. Die mit COVID-19 assoziierte Mortalität liegt für 35-44-Jährige bei 0,07%, während sie für 75-84-Jährige auf 8,5% und für über 85-Jährige sogar bis 28,3% ansteigt (Levin et al. doi.org/10.1007/s10654-020-00698-1). Neben älteren Menschen sind auch Personen mit chronischen Grunderkrankungen (z.B. Herz-Kreislauf-, Lungen-, Nieren- oder Lebererkrankungen), Immunsupprimierte und Krebspatienten, Patienten mit Autoimmunerkrankungen, sowie Diabetiker und stark Übergewichtige stärker gefährdet. Viele ältere Personen weisen zusätzlich einen oder mehrere dieser Risikofaktoren auf. Nicht-pharmazeutische Interventionen (Hygienemaßnahmen, Kontaktvermeidung, Nachverfolgung und Isolierung von Infizierten und Kontaktpersonen etc.) können das Infektionsgeschehen bremsen, sind jedoch mit großen persönlichen, gesellschaftlichen und finanziellen Einschränkungen verbunden. Die effektivste Maßnahme um Infektionskrankheiten zu verhindern ist die Impfung. Ende Dezember 2020, fast genau ein Jahr nach der Identifizierung von SARS-CoV-2, erhielt der erste Impfstoff gegen dieses Virus eine bedingte Zulassung durch die Europäische Arzneimittelbehörde (EMA).
Zur dauerhaften Beeinflussung der Pandemie ist das Ziel, die Reduktion der Viruszirkulation durch eine hohe Durchimpfungsrate zu erreichen, folgendes gilt es zu verfolgen:
- Umgehende Erhöhung des Anteils an Personen mit den ersten beiden Impfungen: Insbesondere vor den Weihnachtsfeiertagen mit erhöhter Kontaktfrequenz und vermehrter Reisetätigkeit ist dies oberstes Ziel.
- Die 3. Impfung nach 4 Monaten reduziert die Anzahl an Erkrankungen und Hospitalisierungen deutlich. Auch die Rate an Infektionen wird vermindert, was die Viruszirkulation in der Bevölkerung reduziert.
- Weiterführen von Hygiene-Maßnahmen: Abstand halten, striktes Tagen von FFP2-Masken, konsequentes Testen symptomatischer Personen etc.
Die Österreichische Gesellschaft für Geriatrie und Gerontologie schließt sich diesem Ziel vollumfänglich an und möchte in dieser Stellungnahme zur SARS-CoV-Impfung jedoch besonders auf die Situation von älteren Personen eingehen. Dies schließt sowohl BewohnerInnen von Pflegeeinrichtungen ein, als auch ältere Menschen im privaten häuslichen Umfeld. Eine wichtige Zielgruppe für Impfungen sind auch Personen, die ältere Menschen medizinisch und pflegerisch versorgen und betreuen. Dabei dürfen Mitarbeiter des Gesundheits- und Sozialpersonals in der teilstationären, mobilen und häuslichen Versorgung und Rehabilitation (Therapeut*innen, mobile Krankenpflege, Heimhilfen, etc.) und pflegende Angehörige nicht vergessen werden.
Diese Stellungnahme spiegelt den aktuellen Wissensstand wider und wird fortlaufend ergänzt werden.
Derzeitiger Stand der Wissenschaft
Zulassung
In Europa sind derzeit die mRNA Impfstoffe Comirnaty, der Firmen BioNTech/Pfizer und COVID-19 Vaccine Moderna der Firma Moderna, sowie die Vektor-basierten Impfstoffe der Firmen AstraZeneca (Vaxzevria) und Janssen/Johnson&Johnson (COVID-19 Vaccine Janssen) zugelassen. Für die beiden mRNA Impfstoffe liegt auch eine Zulassung für eine 3. Dosis 6 Monate nach der 2. Impfung vor. Alle Impfstoffe werden intramuskulär verabreicht. Im Dezember 2021 wurde der Impfstoff Nuvaxovid (NVX- CoV2373) der Firma Novavax EU-weit für Personen ab 18 Jahren zugelassen. Dabei handelt es sich um einen einem proteinbasierten, rekombinanten Impfstoff mit Adjuvans, der in einem 2-Dosen-Schema verabreicht wird. Erste Lieferungen des Impfstoffes nach Österreich werden für das 1. Quartal 2022 erwartet.
Impfstoff | Anzahl Dosen (initial) | Abstand zwischen Dosen1 | Altersgruppen (Zulassung) |
Biontech/Pfizer (Comirnaty) | 2 | 19-42 Tage | ab 5 Jahren |
Moderna (Spikevax) | 2 | 21-42 Tage | ab 12 Jahren |
Astra-Zeneca (Vaxzevria) | 2 | 28-84 Tage | ab 18 Jahren |
Janssen/ Johnson&Johnson (COVID-19 Vaccine Janssen) | 1 | – | ab 18 Jahren |
Novavax (Nuvaxovid) | 2 | 16-45 Tage | ab 18 Jahren |
Tabelle 1: Dosierung, Impfabstände und Altersgruppen
1 Impfabstände wie in den Zulassungsdokumenten der European Medicines Agency (EMA) angegeben
Die Basis für die bedingte Zulassung der beiden mRNA-basierten Impfstoffe und der COVID-19 Vaccine Janssen bilden randomisierte, Placebo-kontrollierte, doppelt-blinde Studien mit mehr als 43000, 30000 bzw. 44000 Teilnehmern (Polack et al., DOI:10.1056/NEJMoa2034577 und Baden et al., DOI:10.1056/NeJMoa2035389; NCT04505722). Die Zulassung von Nuvaxovid basiert auf Daten aus zwei Placebo-kontrollierten doppelt-blinden Studien mit insgesamt über 45000 Teilnehmern (Dunkle et al, DOI: 10.1056/NEJMoa2116185, Heath et al. DOI: 10.1056/NEJMoa2107659). Die Zulassung von Vaxzevria (Astra-Zeneca) basiert auf Daten aus mehreren randomisierten, einfach verblindeten Studien, mit insgesamt ca. 24000 Teilnehmern. Als Komparator diente ein Meningokokken-Impfstoff MenACWY oder Placebo (Voysey et al., DOI:10.1016/S0140-6736(20)32661-1). Die Abstände der beiden Impfdosen waren in diesen Studien variabel und ein Teil der Probanden erhielt bei der ersten Impfung nur die halbe Dosis. Für die Beurteilung der klinischen Wirksamkeit wurden von den Zulassungsbehörden die Daten für zwei volle Impfdosen im Abstand von 4-12 Wochen (ca. 10.500 Teilnehmer) herangezogen.
Sicherheit
Lokale und systemische Reaktionen wurden in allen Studien detailliert untersucht. Dabei zeigte sich ein Sicherheitsprofil, das anderen Impfungen sehr ähnlich ist. Die häufigsten Lokalreaktionen an der Injektionsstelle sind milde bis moderate Schmerzen, Rötungen und Schwellungen traten weniger häufig auf. Die häufigsten systemischen Reaktionen sind Müdigkeit und Kopfschmerzen, seltener treten Muskel- oder Gelenkschmerzen und Fieber auf. Lokale und systemische Reaktionen sind vorübergehend und von kurzer Dauer. In seltenen Fällen traten Lymphadenopathien auf. Schwere Nebenwirkungen wurden nur in Einzelfällen beobachtet. Lokalreaktionen treten nach der ersten und zweiten Dosis der mRNA-Impfstoffe etwa gleich häufig auf, während systemische Reaktionen nach der zweiten Dosis häufiger vorkommen als nach der ersten Dosis. Eine ähnliche Verteilung wurde auch für den Proteinimpfstoff Nuvaxovid beobachtet, wobei schwere systemische Nebenwirkungen seltener als bei den anderen Impfstoffen auftraten. Ältere Teilnehmer (≥ 55 Jahre für Comirnaty, ≥ 65 Jahre für Spikevax) zeigen seltener lokale und systemische Reaktionen als die jüngere Altersgruppe. Im Vergleich von Vaxzevria mit dem Kontrollimpfstoff (MenACWY) zeigten sich keine Unterschiede in den Nebenwirkungen zwischen den beiden Impfstoffen. Im Gegensatz zu den mRNA-Impfstoffen und dem Proteinimpfstoff waren Nebenwirkungen nach der zweiten Dosis von Vaxzevria milder und weniger häufig als nach der ersten Dosis. Insgesamt weisen alle Impfstoffe ein äußerst günstiges Sicherheits- und Nebenwirkungsprofil auf.
Klinische Wirksamkeit
Die Daten aus den Zulassungsstudien beinhalten Beobachtungen über einen relativ kurzen Zeitraum von wenigen Monaten nach der Impfung und stammen aus einem Zeitraum zu dem die Delta Variante noch nicht weit verbreitet war. Inzwischen wurde beobachtet, dass die Schutzwirkung (v.a. gegen asymptomatische oder leichte Infektionen) im Laufe der Zeit abnimmt. Trotzdem sollen die Daten aus den Zulassungsstudien hier dargestellt werden, da sie unter sehr kontrollierten Studienbedingungen und über einen ähnlichen Zeitraum hinweg erhoben wurden und deshalb einen Vergleich zwischen den Impfstoffen und Altersgruppen ermöglichen.
Die klinische Wirksamkeit ist für die beiden mRNA Impfstoffe sehr ähnlich und liegt bei ca. 95%. Für die Berechnung wurden Personen herangezogen, die zwei Dosen des jeweiligen Impfstoffs erhalten haben. Für die Beurteilung der klinischen Wirksamkeit von Vaxzevria (Astra-Zeneca), die ca. 60% beträgt, wurden von den Zulassungsbehörden die Daten für zwei volle Impfdosen im Abstand von 4-12 Wochen herangezogen. Es wurde für alle Impfstoffe die Wirksamkeit gegen symptomatische, laborbestätigte SARS-CoV-2 Infektionen untersucht. Diese Auswertungen erfassen Erkrankungen, die mindestens 7 Tage (Comirnaty) bzw. mindestens 14 Tage (Spikevax und Vaxzevria) nach Verabreichung der 2. Impfdosis auftraten. Die Berechnung der klinischen Wirksamkeit für COVID-19 Vaccine Janssen verwendet als primären Endpunkt moderate und schwere COVID-19 Erkrankungen mit Labornachweis von SARS-CoV-2 mindestens 14 Tage nach der Impfung und liegt bei 67%. Die klinische Wirksamkeit für Nuvaxovid wurde für symptomatische COVID-19 Erkrankungen (mild, moderat oder schwer) berechnet und beträgt 90,4%, bzw. 89,7% in den beiden Phase III Studien.
Die genauen Zahlen und die Aufschlüsselung nach Altersgruppen finden sich in den Tabellen 2-6.
Für Comirnaty ist die klinische Wirksamkeit in Geimpften über 55 Jahren und über 65 Jahren identisch zur Situation in Personen zwischen 16 und 55 Jahren. Die Wirksamkeit von Spikevax ist in Personen über 65 Jahren geringfügig niedriger als in jüngeren Erwachsenen. Die Wirksamkeit beider Impfstoffe scheint auch in Teilnehmern über 75 Jahren gegeben zu sein. Allerdings ist zu beachten, dass in beiden Studien nur sehr wenige Teilnehmer über 75 Jahre alt waren. Eine statistische Aussagekraft ist deshalb für die älteste Gruppe nur eigeschränkt gegeben. Eine partielle Wirksamkeit der Impfstoffe war bereits ca. 14 Tage nach der ersten Dosis zu beobachten. Inzwischen liegen weitere Daten aus Anwendungsbeobachtungen vor, die die sehr gute Wirksamkeit der Impfstoffe auch bei Senioren dokumentieren. Wenn man diese Daten mit anderen Impfstoffen vergleicht, zeigt sich ein sehr positives Wirksamkeitsprofil für ältere Personen.
Klinische Wirksamkeit (%) | 95% Konfidenzintervall | |
alle Teilnehmer | 95,0 | 90,0 – 97,9 |
16-55 Jahre | 95,6 | 89,4 – 98,6 |
> 55 Jahre | 93,7 | 80,6 – 98,8 |
≥ 65 Jahre | 94,7 | 66,7 – 99,9 |
≥ 75 Jahre | 100 | -13,1 – 100 |
Tabelle 2: Klinische Wirksamkeit von Comirnaty gegen symptomatische SARS-CoV-2-Infektionen (Daten aus: Polack et al., DOI:10.1056/NEJMoa2034577)
Klinische Wirksamkeit (%) | 95% Konfidenzintervall | |
alle Teilnehmer | 94,1 | 89,3 – 96,8 |
18-64 Jahre | 95,6 | 90,6 – 97,9 |
≥ 65 Jahre | 86,4 | 61,4 – 95,2 |
≥ 75 Jahre | 100 | NE-100 |
Tabelle 3: Klinische Wirksamkeit von Spikevax gegen symptomatische SARS-CoV-2-Infektionen (Daten aus: Baden et al., DOI:10.1056/NeJMoa2035389 und https://www.ema.europa.eu/en/documents/product-information/covid-19-vaccine-moderna-product-information_en.pdf)
Für Vaxzevria sind immunologische Daten und Sicherheitsdaten für Personen über 65 Jahren ähnlich gut wie bei jüngeren Erwachsenen. In der klinischen Zulassungsstudie war nur ein sehr geringer Anteil der Studienteilnehmer älter als 55 Jahre, so dass in dieser Studie keine statistisch belastbaren Aussagen über die klinische Wirksamkeit in älteren Erwachsenen gemacht werden konnten. Inzwischen liegen weitere Daten aus Anwendungsbeobachtungen vor, die eine sehr gute Wirksamkeit des Impfstoffs auch bei Senioren dokumentieren.
Klinische Wirksamkeit (%) | 95% Konfidenzintervall | |
alle Teilnehmer | 59,5 | 45,8-69,7 |
Tabelle 4: Klinische Wirksamkeit von Vaxzevria gegen symptomatische SARS-CoV-2-Infektionen (Daten aus: Voysey et al., DOI:10.1016/S0140-6736(20)32661-1 und https://www.ema.europa.eu/en/documents/product-information/covid-19-vaccine-astrazeneca-product-information-approved-chmp-29-january-2021-pending-endorsement_en.pdf
Die klinische Wirksamkeit von COVID-19 Vaccine Janssen ist für die beiden Altersgruppen unter bzw. über 60 Jahren vergleichbar, tendenziell sogar höher in der älteren Gruppe.
Klinische Wirksamkeit (%) | 95% Konfidenzintervall | |
alle Teilnehmer | 66,9 | 59,03-73,40 |
18-59 Jahre | 63,7 | 53,87-71,58 |
≥ 60 Jahre | 76,3 | 61,58-86,04 |
Tabelle 5: Klinische Wirksamkeit von COVID-19 Vaccine Jansse gegen moderate und schwere symptomatische SARS-CoV-2-Infektionen (https://www.ema.europa.eu/en/documents/assessment-report/covid-19-vaccine-janssen-epar-public-assessment-report_en.pdf)
In den beiden Phase III Studien mit Novaxovid waren 12% (Dunkle et al) bwz. 28% (Heath et al) der Teilnehmer älter als 65 Jahre. Die klinische Wirksamkeit ist für beide Altersgruppen vergleichbar.
| Klinische Wirksamkeit (%) | 95% Konfidenzintervall |
alle Teilnehmer1 | 90,4 | 82,9-94,6 |
18-64 Jahre1 | 91,5 | 84,2-95,4 |
Hochrisiko (inkl. ≥65 Jahre)1 | 91,0 | 83,6-95,0 |
alle Teilnehmer2 | 89,7 | 80,2-94,6 |
18-64 Jahre2 | 89,8 | 79,7-95,5 |
≥65 Jahre 2 | 88,9 | 20,2-99,7 |
Tabelle 6: Klinische Wirksamkeit von Nuvaxovid gegen symptomatische SARS-CoV-2-Infektionen (Daten aus: 1Dunkle et al, DOI: 10.1056/NEJMoa2116185; 2Heath et al. DOI: 10.1056/NEJMoa2107659))
Schutz vor Infektion/Übertragung
Die Zulassungsstudien der COVID-19 Impfstoffe beinhalten keine ausreichenden Daten zum Schutz vor Infektion und/oder Übertragung. Eine Ausnahme stellt die Studie für COVID-19 Vaccine Janssen dar, die eine Wirksamkeit von 74% (95% Konfidenzintervall 27,89-92,40) gegen asymptomatische bzw. nicht primär als symptomatisch gemeldete Infektionen mit SARS-CoV-2 beschreibt. Aktuelle Daten zeigen, dass die Infektion zumindest partiell und in den ersten Monaten nach der Impfung durch alle Impfstoffe verhindert werden kann, und auch präklinische Daten bestätigen dies. Ein gewisses Maß an Gemeinschaftsschutz kann also (über einen begrenzten Zeitraum) erreicht werden. Diese Überlegungen sind besonders im Kontext von Impfungen für das Gesundheitspersonal und Kontaktpersonen von Hochrisikopatienten relevant.
Impfschema, Dauer des Schutzes, Auffrischungsimpfungen
Für einen vollständigen, initialen Impfschutz muss eine Impfserie mit dem Impfstoff beendet werden, mit dem sie begonnen wurde. Die Verwendung unterschiedlicher Impfstoffe für Dosis 1 und 2 („Mix-and-Match) wird ist eine off-label Anwendung, kann jedoch in Ausnahmefällen (z.B. schwere Nebenwirkungen nach der 1. Dosis) in Betracht gezogen werden. Studiendaten zu heterologen Impfschemata zeigen eine sehr gute Immunantwort Bei Überschreiten der maximal empfohlenen Impfintervalle (siehe Tabelle 1) soll die fehlende Impfung ehestmöglich nachgeholt werden. Ein Neubeginn der Impfserie ist nicht notwendig und wird nicht empfohlen.
Die ursprüngliche Empfehlung des Nationalen Impfgremiums Personen nach PCR-bestätigter SARS-CoV-2 Infektion erst 6 Monate nach der Infektion zu impfen wurde der aktuellen epidemiologischen Situation (Delta- und mögliche neue Varianten) angepasst. Eine Impfung ist ab ca. 4 Wochen nach Infektion oder Erkrankung empfohlen (nach Genesung). Aus immunologischer Sicht ist für diese Personengruppe eine einmalige Impfung ausreichend. Da jedoch z.B. im internationalen Reiseverkehr der Nachweis einer zweimaligen Impfung notwendig ist, kann und soll die 2. Dosis verabreicht werden.
Bei den derzeit zugelassenen COVID-19-Impfstoffen handelt es sich um Impfstoffe, die wie Totimpfstoffe einzuordnen sind. Darum ist es basierend auf theoretischen Überlegungen und Erfahrungen mit Totimpfstoffen nicht notwendig, ein Intervall zu anderen Impfungen einzuhalten.
Antikörperbestimmungen zur Bestätigung eines durch die Impfung induzierten Schutzes sind bei immunkompetenten Personen nicht zielführend, weil kein Schutzkorrelat etabliert ist und auch die maßgeblich zum Schutz beitragende zelluläre Immunität so nicht messbar ist. Von der routinemäßigen Bestimmung von Antikörpern zur Impferfolgskontrolle wird daher bei immunologisch kompetenten Personen abgeraten.
Das Nationale Impfgremium hat in einer Stellungnahme vom 23.12.2021 die Empfehlungen zur Verabreichung weiterer Dosen (nach Abschluss der initialen Impfserie mit 1 bzw. 2 Dosen) nochmals aktualisiert, da inzwischen deutlich mehr Daten vorliegen. In Österreich herrscht derzeit eine starke Virusaktivität. Daten aus Israel, England und den USA zeigen, dass bei Personen höheren Alters und bei Personen mit bestimmten Vorerkrankungen/Immunsuppression die Schutzwirkung gegen die Delta-Variante nicht in allen Fällen 9 Monate lang in vollem Ausmaß gegeben ist. Gleichzeitig zeigen Daten aus Israel und England, dass durch Drittimpfungen Infektionen, Impfdurchbrüche und damit assoziierte Krankenhausaufenthalte reduziert werden können, und es liegt für mRNA-Impfstoffe bereits eine Zulassung für diese 3. Impfung vor. Mit 14.12.2021 erfolgte zudem eine befürwortende Stellungnahme seitens EMA zum Einsatz von COVID-19- Vaccine Janssen als 3. Impfung nach 2 Impfungen mit mRNA-Impfstoffen. Das nationale Impfgremium empfiehlt derzeit mRNA-Impfstoffe für die 3. Impfdosis.
Folgende Empfehlungen wurden für Personen ab 18 Jahren ausgesprochen:
- Für Personen, die 2 Dosen eines mRNA-Impfstoffs erhalten haben.
Eine weitere Dosis (bevorzugt) desselben Impfstoffs 4 Monate, nach der 2. Impfung. Es kann in Einzelfällen auch der jeweils andere mRNA-Impfstoff eingesetzt werden.
- Für Personen, die 2 Dosen Vaxzevria erhalten haben.
Eine Dosis eines mRNA-Impfstoffs 4 Monate nach der 2. Impfung - Für Personen, die 1 Dosis COVID-19 Vaccine Janssen erhalten haben.
Eine Dosis eines mRNA Impfstoffs (bevorzugt) frühestens 4 Wochen oder 1 Dosis COVID-19 Vaccine Janssen frühestens 8 Wochen nach der ersten Dosis. Dann 4 Monate nach dieser 2. Dosis eine weitere Impfung mit einem mRNA Impfstoff. - Auch nach einer Erstimpfung mit Nuvaxovid werden weitere Impfungen notwendig sein. Die entsprechende Empfehlung wird zum ehestmöglichen Zeitpunkt in Abhängigkeit von der Datenlage ergänzt.
Laut Maßnahmenverordnung wird ein Intervall unter 120 Tage zwischen 2. und 3. Impfung nicht als 3. Impfung gewertet und dies ist auch aus medizinischen Gründen bei immunkompetenten Personen jeglichen Alters nicht sinnvoll.
Dabei gilt generell, dass die Menge des verabreichten Impfstoffs ist für die 3. Impfung mit Spikevax auf die Hälfte reduziert ist (0.25ml = 50µg statt 0.5ml= 100µg) und dieser Impfstoff nur bei Personen ≥30 Jahren eingesetzt werden soll. Die Dosierung der 3. Dosis Comirnaty ist identisch zu den beiden ersten Dosen.
- Genesene, die bis maximal 6 Monate nach der Erkrankung eine erste Impfung erhalten haben, sollen wie vollständig geimpfte Personen angesehen werden und genauso wie unter (1) – (3) angeführt behandelt werden. Liegt die Infektion mehr als 6 Monate zurück soll wie bei ungeimpften Personen vorgegangen werden (2 Dosen + 3. Dosis nach 4 Monaten). Dies gilt auch, wenn der Zeitpunkt der Infektion nicht bekannt ist.
- Kommt es nach vollständiger erster Impfserie (2 Impfungen) zu einer symptomatischen oder asymptomatischen SARS-CoV-2 Infektion wird eine 3. Impfung kurz vor Ende von 180 Tage nach Genesung bzw. 6-9 Monate nach der 2. Impfung empfohlen.
- Für Patienten unter starker Immunsuppression oder mit schwerwiegender Immunschwächung wird grundsätzlich ein Drei-Dosen-Impfschema und im Anschluss eine Antikörperkontrolle empfohlen. Details dazu finden sich in der aktuellen Stellungnahme des Nationalen Impfgremiums (https://www.sozialministerium.at/Corona-Schutzimpfung/Corona-Schutzimpfung—Fachinformationen.html).
- Mangels wissenschaftlicher Daten ist eine weitere (4.) Impfung derzeit nicht allgemein empfohlen. In Anbetracht einer drohenden Omikron-Welle kann diese jedoch in Hochrisikobereichen (zB. exponiertes Gesundheitspersonal) sowie in systemkritischen Bereichen ab 6 Monaten nach der 3. Impfung angeboten werden. Eine weitere (4.) Impfung soll in diesen Fällen nur nach ärztlicher Individual-Einschätzung und auf Wunsch der zu impfenden Person erfolgen (off-label).
Zusammenfassung
- Derzeit haben zwei mRNA Impfstoffe (Comirnaty[BioNTech/Pfizer], Spikevax [Moderna]), zwei Vektor-basierte Impfstoffe (Vaxzevria [AstraZeneca], COVID-19 Vaccine Janssen [Janssen/Johnson&Johnson]) und ein Protein-Impfstoff mit Adjuvans (Nuvaxovid, Novavax) in Europa von der EMA eine Zulassung erhalten.
- Die Impfstoffe zeigen ein zufriedenstellendes Sicherheitsprofil
- Wirksamkeit in den Zulassungsstudien: mRNA Impfstoffe: 95% klinische Wirksamkeit gegen symptomatische SARS-CoV-2 Infektionen auch in älteren Erwachsenen, Vaxzevria: 60% klinische Wirksamkeit gegen symptomatische SARS-CoV-2 Infektionen. Aktuelle Daten zeigen eine gute Wirksamkeit bei älteren Personen. COVID-19 Vaccine Janssen: 67% klinische Wirksamkeit gegen moderate und schwere COVID-19 Erkrankung, auch für Personen über 60 Jahre. Nuvaxovid: klinische Wirksamkeit gegen symptomatische SARS-CoV-2 Infektionen 90%, auch für Personen über 65 Jahre.
- Die Schutzwirkung speziell gegen asymptomatische Infektionen nimmt mit der Zeit ab.
- Die Verabreichung von zwei Dosen desselben Impfstoffs im richtigen zeitlichen Abstand im Rahmen der initialen Impfserie ist essentiell. Ausnahme ist die COVID-19 Vaccine Janssen, die als Einzeldosis verabreicht wurde, für die inzwischen jedoch eine 2. Dosis (mRNA oder COVID-19 Vaccine Janssen) ≥ 4 Wochen bzw. ≥ 8 Wochen nach der ersten Dosis empfohlen wird.
- Die Impfung wird auch nach durchgemachter COVID-19 Erkrankung empfohlen.
- Eine weitere Dosis 4 Monate nach der initialen Impfserie wird für alle Erwachsenen empfohlen. Für diese zusätzliche Dosis soll ein mRNA-Impfstoff verwendet werden, unabhängig davon welcher Impfstoff initial verabreicht wurde.
Die aktuellen Dokumente des Bundesministeriums für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz rund um das Thema COVID-19 sind unter folgendem Link abrufbar: https://www.sozialministerium.at/Corona-Schutzimpfung/Corona-Schutzimpfung—Fachinformationen.html
Für den Vorstand der Österreichischen Gesellschaft für Geriatrie (ÖGGG)
Prim. Univ.-Prof. Dr. Marcus Köller
Präsident
Priv.-Doz. Dr. Birgit Weinberger
Vorsitzende der Sektion Biogerontologie