Unter älteren Erwachsenen sind Depressionen weniger verbreitet als in anderen Altersgruppen, aber die Zahl der verschriebenen Antidepressiva entspricht nicht diesem Trend. Viele Patienten werden im primären Bereich versorgt. Hier sollten sowohl die Diagnose als auch die Therapie von Depressionen verbessert werden.
In den USA verdoppelte sich die Prävalenz einer Depression bei älteren Erwachsenen im Zeitraum von 1992 bis 2005 von 3 auf 6 Prozent. Die meisten Patienten werden mit Antidepressiva durch den Hausarzt behandelt. Dazu trägt die öffentliche Diskussion über die Unterbehandlung und die aggressive Pharmawerbung in den USA bei. Jedoch entspricht ein Großteil der Diagnosen nicht den Kriterien einer schweren Depression.
Die Diagnose ist bei Älteren wegen der Multimorbidität – insbesondere Schlafstörungen, Müdigkeit und Kraftlosigkeit – schwierig zu stellen. Dazu kommen noch die psychosozialen Schwierigkeiten wie Einsamkeit, Verlusterlebnisse und sozialer Rückzug. Daher ist die Diagnose eine Herausforderung und die Therapie sollte entsprechend der Ausprägung und des Verlaufes mit Allgemeinmaßnahmen, Observatio und Kontrolluntersuchungen differenziert werden.
Die Evidenz für Antidepressiva ist für die schwere Depression gut, für leichte Formen schlecht.
- Entsprechend der Leitlinie wird als erster Schritt bei Symptomen der Depression ein Assessment, psychosoziale Unterstützung und Psychoedukation empfohlen.
- Bei grenzwertigem Befund oder leichter Depression sind als zweiter Schritt zweiwöchige Kontrolluntersuchungen, eine Psychoedukation und Psychotherapie, jedoch noch keine Antidepressiva angebracht.
- Bei Effektlosigkeit empfiehlt die Arbeit von R Mojtabai als dritten Schritt die Medikation eines Antidepressivums in Kombination mit den genannten Maßnahmen.
- Bei Personen mit Suzidalität, psychotischen Symptomen oder schwerer Depression sollte als vierter Schritt eine Überweisung an eine Fachabteilung erfolgen.
Ramin Mojtabai
Diagnosing Depression in Older Adults in Primary Care
N Engl J Med 2014; 370:1180-1182, March 27, 2014, DOI: 10.1056/NEJMp1311047
Rezensent:
Prim. Dr. Peter Dovjak
Leiter der Akutgeriatrie
Salzkammergutklinikum