Einleitung:
Die Inzidenz von Vorhofflimmern (VHF) und chronischer Niereninsuffizienz (NI) steigt mit dem Alter und beträgt bei über 65-Jährigen 5.9 % (VHF) beziehungsweise 6 % (NI). Vorhofflimmern erhöht das Insultrisiko um den Faktor 5, chronisches Nierenversagen um den Faktor 3,7, im Falle einer Nierenersatztherapie sogar um 5,8. Die Antikoagulationstherapie mit Vitamin-K-Antagonisten oder Thrombozytenaggregationshemmern senkt das Risko für Schlaganfälle, erhöht aber das Blutungsrisiko. Diese Studie sollte eine Risiko-Nutzen-Bewertung bei Patienten mit beiden Erkrankungen klären, da bislang in Antikoagulationsstudien Patienten mit chronischem Nierenversagen ab einer glomerulären Filtrationsrate unter 30 immer ausgeschlossen wurden.
Methode:
In diese dänischen Kohortenstudie, vernetzt mit dem nationalen Patientenregister, wurden Patienten mit Vorhofflimmern (nicht valvulär) zwischen 1997 und 2008 bei der Spitalsaufnahme registriert, die Daten über die Nierenfunktion aus dem nationalen Patientenregister entnommen. Die laufende Medikation wurde aus den Verschreibungen 180 Tage vor der Aufnahme ins Spital bis 7 Tage nach der Entlassung erhoben. Das Schlaganfallsrisiko wurde mit dem CHA2DS2VASc-Score (0–9 Punkte für Herzinsuffizienz, Hypertonie, Alter, Diabetes, Schlaganfallanamnese positiv, Geschlecht und Gefäßerkrankung), das Blutungsrisiko mit dem HAS BLED-Score bewertet.
Resultate:
132.372 Patienten mit Vorhofflimmern wurden identifiziert, 3.587 hatten auch ein chronisches Nierenversagen und 901 brauchten eine Nierenersatztherapie. Das Risiko eines Insultes in der Beobachtungszeit erhöhte sich bei Patienten mit einer chronischen Niereninsuffizienz auf HR (Auftrittswahrscheinlichkeit) 1,49 mit einer Nierenersatztherapie auf HR 1,83. Vitamin-K-Antagonisten konnten das Risiko auf HR 0.76 senken, Aspirin erhöhte das Risiko weiter auf HR 1,17. Blutungen traten unter Vitamin-K-Antagonisten mit einer HR von 1,33, unter Aspirin mit einer HR von 1,61 auf.
Diskussion:
Die Autoren schließen aus den Daten auf ein erhebliches Thromboembolierisiko bei Patienten mit chronischer Niereninsuffizienz und Vorhofflimmern bei einem erheblichen Blutungsrisiko. Vitamin-K-Antagonisten senkten das Risiko unter Erhöhung des Blutungsrisikos, Aspirin war dabei nicht hilfreich. Diese bemerkenswerte Studie ist wichtig für die Entscheidung bei multimorbiden Patienten, die bisher in Studien systematisch ausgeschlossen wurden.
Literatur:
Olesen JB, Lip GYH, Kamper AL et al (2012) Stroke and Bleeding in Atrial Fibrillation with Chronic Kidney Disease. N Engl J Med 367;625-635
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Rezensent:
Prim. Dr. Peter Dovjak,
Leiter der Akutgeriatrie LKH Gmunden,
Email: peter.dovjak@gespag.at