Einleitung
Varianten, die jeweils Apolipoprotein E und Presenilin 1 kodieren, verändern das Risiko für eine Alzheimererkrankung. Die Heterozygotie für die Variante APOE3Ch kann das Auftreten einer kognitiven Beeinträchtigung verzögern. Diese Hypothese wurde in einer Population geprüft, in der die Variante PSEN1E280A vorherrscht.
Methode
Daten von 27 Teilnehmer:innen mit einer Kopie der APOE3Ch-Variante unter 1077 Träger:innen der PSEN1E280A-Variante in einer Kohorte aus Antioquia, Kolumbien, wurden erhoben, um das Alter bei Beginn der kognitiven Beeinträchtigung und Demenz in dieser Gruppe im Vergleich zu Personen ohne die APOE3Ch-Variante zu analysieren.
Resultate
Unter den Träger:innen von PSEN1E280A, die heterozygot für die APOE3Ch-Variante waren, betrug das mittlere Alter bei Beginn der kognitiven Beeinträchtigung 52 Jahre (95%-Konfidenzintervall (KI) 51 bis 58), im Gegensatz zu einer entsprechenden Gruppe von PSEN1E280A-Träger:innen ohne die APOE3Ch-Variante, bei denen das mittlere Alter bei Beginn 47 Jahre (95%-KI, 47 bis 49) betrug. Vier Studien mit Autopsiematerial von Personen mit den Varianten APOE3Ch und PSEN1E280A zeigten weniger vaskuläre pathologische Amyloid-Merkmale als in Material von Personen, die die Variante PSEN1E280A, aber nicht die Variante APOE3Ch hatten.
Diskussion
Diese Daten zeigen einen verzögerten Beginn kognitiver Beeinträchtigungen bei Personen, die heterozygot für die APOE3Ch-Variante in einer Kohorte mit einer hohen Prävalenz der autosomal-dominanten Alzheimer-Krankheit sind. Wie John Hardy im Editorial der gleichen Ausgabe des N Engl J Med schreibt, sind schützende Varianten genetischer Loci aus zwei Gründen von besonderem Interesse: Erstens, weil sie aus klinisch-genetischer Sicht wichtig sind; und zweitens, weil sie mechanistische Hinweise auf mögliche therapeutische Strategien geben können. Bei der Alzheimer-Krankheit ist das am weitesten verbreitete schützende Allel APOE2. Bezüglich des Erkrankungsalters tritt die sporadische Alzheimer-Krankheit bei Personen mit APOE2-Homozygotie im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung um etwa 10 Jahre später auf. APOE2-Heterozygotie verzögert den Ausbruch der sporadischen Alzheimer-Krankheit um etwa 5 Jahre (im Vergleich zur APOE3-Homozygotie). Die untersuchte kolumbianische Familie umfasst mehr als 1000 Mitglieder, die die E280A-Mutation in PSEN1 tragen. In dieser Familie beträgt das mittlere Erkrankungsalter bei Alzheimer etwa 45 Jahre. Das Erkrankungsalter wird vom APOE-Genotyp beeinflusst. Bei APOE4-Trägern liegt die Erkrankung etwa 5 Jahre früher und bei APOE2-Trägern scheint die Erkrankung etwa 5 Jahre später zu liegen. In der aktuellen Studie von Quiroz et al. wird diese Annahme bestätigt. Die genetische Variation am APOE-Locus ist bei weitem der wichtigste Parameter des Alzheimer-Risikos. Es ist eindeutig an der Zeit für eine gezielte und detaillierte Studie über die pathogene Beteiligung von APOE an der Alzheimer-Krankheit
Literatur:
Y.T.Quiroz et al. APOE3 Christchurch Heterozygosity and Autosomal Dominant Alzheimer`s Disease. N Engl J Med 2024; DOI: 390; 23: 2156-2164
Rezensent: Prim. Dr. Peter Dovjak, Leiter der Akutgeriatrie, Salzkammergut Klinikum Gmunden